Als historische Färberei arbeiten wir noch heute mit den Mitteln welche bis ca. 1850, vor der Einführung von synthetischen Färbemittel, üblich war. Im Kupferkessel und über Holzfeuer entsteht auf Wolle und Seide alles was die Natur zu bieten hat, natürlich mit den historisch nachgewiesenen Mitteln und passend zur jeweilgen Epoche. Wir färben ausschliesslich mit Färberpflanzen, welche bereits vor dem Mittelalter zum Färben verwendet wurden. Einerseits, weil sich diese über die Jahrhunderte bewährt haben, andererseits weil viel über die Licht- und Waschechtheit bekannt und dokumentiert wurde. Dabei verzichten wir aber auf giftige Zusatzstoffe welche damals teilweise verwendet wurden.
Als Beizmittel kommen bei uns Alaun, Essigsauretonerde, Produkte aus dem Weinstein und Eisenbeize zum Einsatz.
Gelb
Flavonoide-Farbstoffe
Flavonoid-Farbstoffe sind die am häufigsten vorkommenden Pflanzenfarbstoffe. Sie färben vorwiegend gelb, daher auch der lat. Name flavus=gelb. Sie gehören in die färberische Klasse der Beizenfarbstoffe. Auf Alaunbeize erhält man meistens Gelbtöne, auf Eisenbeize Oliv-, Braun- oder Schwarztöne, auf Kupferbeize Gelboliv-, Grünoliv- oder Brauntöne und auf Zinnbeize kräftiges Gelb- oder Orangetöne. Die Waschechtheit der Färbungen mit Flavonoidfarbstoffe sind meistens gut, ihre Lichtechtheiten können stark schwanken.
Anthrachinone Farbstoffe aus der Gruppe der Anthrachinone sind meist der Hauptfarbstoff in rot und orange färbenden Pflanzen und Tieren. In vielen Teilen der Welt wurden bereits seit alten Zeiten Anthrachinonfarbstoffe als Beizenfarbstoffe verwendet. Der bekannteste Farbstoff ist das Alizarin.
Indigoide Farbstoffe sind wasserunlösliche Direktfarbstoffe. Sie reagieren nicht mit der Faser, sondern lagern sich in Zwischenräumen und Unebenheiten der Faser ein. Vor dem Färben müssen sie mit Alkali und einem Reduktionsmittel in die wasserlösliche Form überführt (verküpt) werden. Man spricht daher auch von der Küpenfärberei.
Färbende Pflanzenteile: die ganze Pflanze wird verwendet Wau gilt als der älteste Farbstoff für Gelb und der einzige mit brauchbarer Lichtechtheit.
Erste Samenfunde stammen von jungsteinzeitlichen Pfahlbausiedlungen am Pfäffikersee, Neuenburgersee sowie Zürichsee. Es ist aber nicht klar, ob sie bereits zum Färben verwendet wurden. Weitere Samenfunde wurden in der eisenzeitlichen Siedlung von Hochdorf gefunden. Weiter kann aus Texten von Vergil und Vitruv angenommen werden, dass der Wau auch bei den Römern bekannt war. Sicher wurde er aber ab dem 12. Jahrhundert bei uns genutzt. Es ist der wichtigste Gelbfarbstoff.
Im 17. Jahrhundert wurden Kulturen von Londoner Färber in Kent angelegt, später auch in Essex. Auch in Frankreich und Deutschland waren Waukulturen bekannt.
Der Wau wurde früher wie Getreide in Garben auf dem Markt verkauft.
Reseda luteola wurde früher als schweisstreibendes und harntreibendes Mittel eingesetzt.
Färberkamille (Anthemis tinctoria L.)
engl.: Dyer’s Chamomile; franz.: Chamomille des Teinturiers; ital.: Chamomille di tintori
Herkunft: östliches Mittelmeergebiet
Färbende Pflanzenteile: Blüten und Blätter
Die Färberkamille ist eine sehr alte Färberpflanze, ihre Blütenköpfe werden zur Färbung von Textilien aus Naturfasern wie Wolle und Leinen verwendet. Bei Proteinfasern (z.B. Wolle, Seide) ist die Färbung nur wenig licht- und waschecht, auf Baumwolle oder Hanf dagegen sind die intensiven gelben Farbtöne sehr lichtecht.
Färberkamille wurde als Stärkungsmittel und Wurmmittel eingesetzt.
Krapp oder Färberröte (Rubia tinctorum L.)
engl.: Madder; franz.: Garance des teinturies; ital.: Robbia domestica
Herkunft: Vorderasien
Färbende Pflanzenteile: die getrocknete Wurzel der mindestens dreijährigen Pflanze
Krapp gilt als eine der ältesten Pflanzen für Textilfarben. Bereits die Ägypter, Griechen und Römer verwendeten ihn. In den Schriften von Hippokrates wie auch von Pedanios Dioscurides wurde der Krapp erwähnt. So wissen wir auch, dass er bereits zu dieser Zeit bei Tabiane in Galatien, bei Ravenna in Italien und in Karien angebaut wurde. Nun folgt eine Zeit, wo die Nachrichten verstummen, erst im 7. Jahrhundert wird in der Nähe von St. Denis bei Paris wieder vom Krapp berichtet. Durch Karl den Grosse (768-814) gehört hundert Jahre später der Krapp zu den Pflanzen, welche auf seinen Gütern kultiviert wurden, wie aus den ‚Capitulare de villis‘ zu entnehmen ist.
Gegen Ende des 15. Jahrhundert hat der Krappanbau in Holland eine Blüte erreicht, welche für den Reichtum Hollands zu dieser Zeit verantwortlich war. Bereits 1504 wurde auch in Schlesien nach einer Breslauer Röteverordnung Krapp angebaut, welcher von mittlerer Qualität war.
In Südfrankreich, im Gebiet der ausgetrockneten Sümpfe, wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Krappkultur aufgebaut. Dieser Krapp wurde in den Folgejahren zum berühmtesten in ganz Europa. Später wurde der Krappanbau auch im Elsass, nach einem erfolglosen Versuch im 16. Jahrhundert, wieder aufgenommen. Es bildeten sich blühende Krappkulturen bei Hagenau, Bischwiller und Strassburg. Frankreich wurde zum wichtigsten Exporteur von Krapp. Im Jahre 1868, als Graebe und Liebermann erstmals Alizarin synthetisch herstellten, war der aus Frankreich exportierte Krapp 25 Millionen Franc wert.
Rubia tinctorum wird in der Homöopathie zur Behandlung von Nierenleiden und Blasensteinen verwendet.
Cochenille oder Kermeslaus
Amerikanische Cochenille (Dactylopius coccus)
Färbende Pflanzenteile: Die befruchteten, getrockneten Weibchen enthalten den Farbstoff Karminsäure
Erste Textilfunde stammen aus Mittel- uns Südamerika, da die Dactylopius-Spezies nur dort heimisch war. Der Cochenille-Farbstoff war bereits in der peruanischen Parcas-Kultur verwendet worden.
Erste Anwendungen in Europa sind aus Spanien bekannt. Als die Spanier 1512 in Mexiko landeten, lernten sie einen roten Farbstoff kennen, der den heimischen Kermes zu verdrängen vermochte. Um 1523 begann der Export von Cochenille an den spanischen Hof und wurde nach Gold und Silber die wichtigste Importware aus den spanischen Kolonien in Südamerika.
Der Rückgang von Cochenille begann im Jahre 1856 mit der Einführung des Fuchsin. Durch die Einführung des Azofarbstoffes von z.B. Cochnillerot A wurde ab 1878 die Cochenillezucht unrentabel und wurde weitgehendst aufgegeben.
Polnische Cochenille (Porphyrophor apolonica)
engl.: Polish Cochinela, St. John’s Blood; franz.: Cochenille de Pologne; ital.: Sangue die S. Giovanni, Cocco polonico
Herkunft: Mittel- und Osteuropa
Färbende Pflanzenteile: Die befruchteten, getrockneten Weibchen enthalten den Farbstoff Karminsäure
Möglicherweise wurde die polnische Cochenille bereits in vorchristlicher Zeit verwendet, dies kann aber weder durch römische noch griechische Autoren bewiesen werden. Erste Funde stammen aus Ägypten und Syrien aus römisch-hellenistischen Zeiten. Erste Erwähnung findet die Polnische Cochenille in der Verordnung der karolingischen Meierhöfe Karl des Grossen im frühen Mittelalter. In der Zeit von 1450- 1600 wurde auf vielen roten Textilien die Polnische Cochenille nachgewiesen. Besonders ausgeprägte Funde stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert auf Seiden- Seidensamt- und Seidenbrokatmustern aus Lucca, Florenz und Venedig.
Um 1672 wurde die Ernte der Polnische Cochenille in der Ukraine an die Juden verpachtet, welche den Farbstoff den Armenier und Türken verkauften. Diese färbten damit Wolle und Seide, aber auch die Mähnen und Schweife der Pferde. Die türkischen Frauen bemalten die Fingernägel damit und die Holländer mischten sie mit Amerikanischer Cochenille zu färberischen Zwecken.
Armenische Cochenille (Porphyorophorat hameli)
Herkunft:Armenien, Azerbeidjan
Färbende Pflanzenteile: Die befruchteten, getrockneten Weibchen enthalten den Farbstoff Karminsäure
Erste Indizien zeigen das die Armenische Cochenille bereits im 8. Jahrhundert v.d.Z. angewendet wurde. In Aufzeichnungen aus dem Beuteschatz von Sargon II von Assyrien nach dem Angriff auf das Königreich von Van oder Urartu ist von ‚scharlach‘ färbenden Kleidern die Sprache. Später scheint die Armenische Cochenille ein wichtiges Handelsgut geworden zu sein. Es konnten auf ägyptischen Textilien aus dem 5. bis 7. Jahrhundert u.Z. Karminsäure nachgewiesen werden, welche damals nur von der Armenischen Cochenille stammen konnte. Der gleiche Farbstoff wurde auch auf nubischen und hebräischen Textilien gefunden. Cochenille (Dactylopius coccus
Rotholz oder Brasilholz (Caesalpinia sappan)
engl.: Sappanwood; franz.: brésillet, sappan
Herkunft: Nord- und Südamerika
Färbende Pflanzenteile: Kernholz
Die frühen südamerikanischen Hochkulturen verwendeten das Rotholz zum Färben von Textilien und zur Herstellung von Farblacken. Vor der Entdeckung Amerikas kam das Rotholz über die Seidenstrasse aus Ostindien. Um 1450, mit der Eroberung von Konstantinopel durch die Türken, wurde der Handelsweg unterbrochen und Rotholz war Mangelware. Nach der Entdeckung Amerikas wurde es von dort in grossen Mengen importiert.
Waid oder Färberwaid (Isatis tinctoria L.)
engl.: Woad; franz.: Indigo de pastel; ital.: Guado
Herkunft: Europa, Westasien und Nordafrika
Färbende Pflanzenteile: Blätter
Bereits die Griechen und Römer nutzten den Waid zum Färben, ebenso die Gallier und Germanen. Im Papyrus Graecus Holmiensis aus dem 3. Jahrhundert v.d.Z. wird die Waidfärberei erwähnt. Plinus vermerkte, dass sich in Britannien Weiber und Mädchen den ganzen Körper färbten, wenn sie zu gewissen gottesdienstlichen Handlungen ganz nackend gehen und haben dann die Farbe der äthiopischen Weiber. Auch Cäsar erwähnte den Waid in seinem Buch über die gallischen Kriege.
Die Pikten rieben ihren Körper vor einer Schlacht ihren Körper mit Waid ein, um noch bedrohlicher auf den Feind zu wirken. Nach dem Zerfall des römischen Reiches diente der Waid allgemein zum Blaufärben.
Er wurde ab dem 13. Jahrhundert in ganz Mitteleuropa kultiviert und ist so einer der bedeutenden Farbstoffe geworden, der den Reichtum ganzer Regionen (z.B. Thüringen und Elsass) auf ihn begründete. Mit der Gründung der ostindischen Handelsgesellschaft 1602 war der Untergang des Waidanbaus in Europa besiegelt. Die holländischen Seefahrer begannen, den deutlich ergiebigeren Indigo aus Indien zu importieren.
Den Waidblätter werden antibakterielle, antikanzerogene, antivirale und adstringierende Wirkungen zugeschrieben. Sie wurden früher zur Wundheilung und gegen Skorbut verwendet.
Herkunft: tropisches Afrika, wurde aber frühzeitig in Indien, China, Sumatra und Brasilien kultiviert
Färbende Pflanzenteile: ganzen Pflanze
Zum ersten Mal wird Indigo von Vitruv im Lehrbuch De architectura erwähnt, wahrscheinlich wurde es 13 v.d.Z. geschrieben. Auch im Historia naturalis von Plinus wurde Indigo erwähnt. Erste Flachsfasern, welche mit Indigo gefärbt wurden, finden sich auf einem Gewand einer ägyptischen Prinzessin um 1000 v.d.Z.. Es gibt auch Vermutungen, dass ein Kleidungsstück um 3000 v.d.Z. aus Theben mit Indigo gefärbt sein soll.
Marco Polo berichtete in seinem Reisewerk über die Zubereitung des Indigos am wichtigsten Herstellungsort Indien. Er beschrieb die Gewinnung des Indigos im Königreich Kulam an der Westküste Indiens. Im 12. Jahrhundert erscheint Indigo in kaufmännischen Handelsbüchern und Zolltarifen. Er kam meistens aus Bagdad, dem Hauptstapelplatz für persischen und indischen Indigo, nach Europa. Die Venezianer und Genuesen übernahmen den Indigohandel und bezogen ihn direkt von den persischen Kaufleuten.
Mit der Gründung der ostindischen Handelsgesellschaft 1602 wurde Indigo in grossen Mengen nach Europa gebracht und bezwang, trotz hohen Schutzzöllen und Androhung des Todes, den bei uns heimischen Waid. Sein deutlich höherer Farbstoffgehalt brachte schliesslich den Durchbruch. Ab 1897 kam der synthetische Indigo durch die Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF) in Ludwigshafen zu einem sehr günstigen Preis in den Handel und verdrängte den natürlichen Indigo allmählich.
Indigo findet in der Homöopathie Anwendung.
Blauholz, Campecheholz oder Blutholz (Haematoxylum campechianum)
engl.: Logwood; franz.: Bois de campêche
Herkunft: Zentralamerika und nördliche Teile Südamerikas
Färbende Pflanzenteile: Kernholz
Mit der Eroberung Mexikos durch Cortez im Jahr 1522 kam auch das Blauholz nach Europa. Es galt früher als sehr kostbar. Seeräuber griffen die Transportschiffe an, so dass die spanische Marine den Schiffen einen militärischen Geleitschutz mitgab. Im 17. und 18. Jahrhundert war der Farbstoff in Europa sehr beliebt, England importierte bis zu 13‘000 Tonnen Blauholz pro Jahr.